Montagsfragen mit Nicole Reichenback vom Philosophicum

Ein Ort, der zum Denken einlädt – zum Mitdenken, zum Weiterdenken, zum Durchdenken, aber nicht zwingend, um etwas zu Ende zu denken. Denn neben konzeptionell Durchdachtem ist im Philosophicum auch explizit Unfertiges und Ergebnisoffenes erwünscht. Die Reihe «Denkpause» zum Beispiel soll ein offenes Gefäss sein, in dem sich im Verlauf des Abends gemeinsam mit den Teilnehmenden neue Einsichten entwickeln können. Mit weiteren Reihen, Podiumsgesprächen, Lesungen, Ausstellungen, mit Seminaren und Beratungsgesprächen sowie textlichen «Liebeserklärungen» bietet das Team philosophischen Fragen einen Denkraum.

Nicole Reichenback ist seit 2014 Teil des Philosophicum-Teams. Begonnen hat sie mit einem Praktikum und Aushilfstätigkeiten, mittlerweile ist sie verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation und Assistenz. Nicole unterstützt bei digitalen Formaten ebenso wie bei den Veranstaltungen vor Ort. Sie gestaltet Flyer und Programme und koordiniert die internen und externen Vermietungen der angegliederten Druckereihalle. Diese ist gut gebucht und Nicole entsprechend beschäftigt. Als erste Ansprechperson für Interessenten ist sie immer präsent, ein gutes Miteinander im Team sowie mit den anderen Mietern des Gebäudekomplexes, dem Ackermannshof, ist ihr dabei sehr wichtig.

An was arbeitest du gerade?
Ein Grossteil meiner Arbeit sind die Veranstaltungsorganisation und Vermietungen. Im Herbst werden wir zudem wahrscheinlich ein grosses Projekt umsetzen und im April soll darüber hinaus noch eine neue Webseite aufgeschaltet werden, an deren Inhalten ich arbeite. Auf meinem Tisch liegen zudem auch die Gestaltung von Flyern, Programmen und die «philosophischen Liebeserklärungen».

Was sind die philosophischen Liebeserklärungen?
In diesen gibt Stefan Brotbeck philosophische Denkanstösse in Textform, die auf der Webseite runtergeladen werden können. Zurzeit geht es um eine «Liebeserklärung an das, wofür es keinen Preis gibt». Ich setze diese und andere Denkimpulse in einem gestalterischen Prozess gemeinsam mit Stefan Brotbeck um, so dass inhaltlich und gestalterisch etwas Ansprechendes entsteht.

Nenne drei Worte, die typisch sind für deine Arbeit
Dialog, mitdenken, gestalten.

Wie konsumierst du Kultur?
Ich gehe beispielsweise an Konzerte oder auch an Veranstaltungen vom Philosophicum und der Druckereihalle. Aber Konsumieren ist vielleicht ein wenig provokativ formuliert. Es geht ja nicht nur darum zu konsumieren. Für mich gehört auch die Beschäftigung mit spirituellen und philosophischen Fragen zur Kultur. Und da stehen wir im Philosophicum mittendrin. Momentan lese bzw. höre ich das Hörbuch «Die Jagd» von dem belarussischem Autor Sasha Filipenko, der in unserer Lese- und Gesprächsreihe «Blickwechsel» über das Buch und seine Entstehung berichtet.

Gibt es einen besonderen Ort in Basel?
Basel ist für mich sehr wichtig, weil es meine Heimat ist. Meine Mama und meine Oma sind in Kleinbasel aufgewachsen. Ereignisse in Kleinbasel und auch Grossbasel spielen eine grosse Rolle für mich: Zum Beispiel zu sehen, wie meine Mutter beim Vogel Gryff aufblüht, ist so schön. Auch der Morgenstraich an der Fasnacht ist besonders. Es ist mit das Schönste, was es gibt. In der Altstadt zu sein, die Laternen zu sehen oder auch der Münsterplatz ist traumhaft an der Fasnacht. Für mich sind die Orte wichtig, wo man Erlebnisse mit anderen Menschen hatte. Der Barfüsserplatz zum Beispiel ist als Jugendliche immer der Treffpunkt gewesen. Früher hatten noch nicht alle ein Handy, man traf sich einfach dort. Ich bin noch knapp in der Zeit gross geworden, wo nur vereinzelt Freunde ein Handy besassen. Heute trifft man sich anders, weil eben alle ein Handy haben.

Gibt es für dich einen Unort für dich in Basel?
Wenn als Unort ein Ort gemeint ist, wo man nicht so gerne ist oder der ungemütlich ist, dann vielleicht Steinervorstadt oder unter der Dreirosenbrücke. 2019 hatten wir mal den russischen Künstler Anton Morokov als Artist-in-Residence und er hat in einem Kunstprojekt über Aspekte der Sicherheit und Unsicherheit sowie des Wohlbefindens und Missbehagens tatsächlich Orte in der Stadt be-/aufgesucht, die sich mit diesen Themenpaaren befassten.

Aber man könnte unter Unort ja auch einen noch nicht bestehenden Ort verstehen! Dann würde ich sagen: Es gibt noch viele schöne Sachen, die man erdenken und verwirklichen könnte: Ich denke da an einen Ort, wo sich Menschen freimütig und wohlwollend austauschen können, ohne Schubladen im Kopf. Wir bemühen uns jedenfalls darum, dass das Philosophicum sich in diese Richtung entwickelt und ein Ort ist, wo man sich gerne trifft oder wo man zum Besinnen und Nachdenken hinkommt.

Bist du kreativ?
In meiner organisatorischen Tätigkeit brauche ich viel Kreativität. Privat mache zum Beispiel Linolschnitte oder Lithografie ohne Steine. Ich fotografiere zudem für die Arbeit sowie im Privaten.

Was sollte man an ihrem Arbeitsort unbedingt sehen?
Das Haus, die Räumlichkeiten und unser Programm natürlich. Gerne auch die neue Webseite, die im April live gehen wird.

Zum Schluss unseres Gesprächs führt Nicole noch durch die genannten Räumlichkeiten – das helle Atelier, in dem die Veranstaltungen des Philosophicums überwiegend stattfinden, den alten Saal im ersten Stock mit seinen Malereien aus dem 16. Jahrhundert sowie die industrielle Druckereihalle. Zu guter Letzt zeigt sie noch die architektonisch besonders gestalteten Toiletten, die so erdacht wurden, dass alle im Haus aufeinandertreffen können. Und da ist es wieder das für Nicole wichtige Thema des Miteinanders.