«Montagsfragen» mit Susanne Guggenberger vom Bildrausch Filmfest

Am 29. Mai startet das Bildrausch Filmfest in Basel. Seit 2011 zeigt das Bildrausch künstlerisch hervorragende Filme, legt den Fokus auf abwechslungsreiches Kino und stellt sich den Fragen unserer Zeit. In der diesjährigen Ausgabe setzt sich das Bildrausch unter dem Thema «Technology, my Love» mit unserer Beziehung zu Geräten und der digitalen Welt auseinander.

Susanne Guggenberger ist die künstlerische Leiterin des Bildrausch. Gemeinsam mit ihren drei internationalen Kurator:innen stellt sie über das Jahr das Programm zusammen, recherchiert, sammelt Material und ist in engem Kontakt mit den Filmemacher:innen. Sie ist Filmproduzentin und macht Dokumentarfilme. Im Gespräch mit Agendabasel gibt sie einen Einblick in das Festival und erzählt, was sie an ihrem künstlerischen Umfeld beeindruckt.  

An was arbeitest du gerade?

Momentan bereite ich meine Rede für die Eröffnung des Filmfest vor. Das ist ein intensiver Prozess, ich sammle nochmals alles, was ich in diesem Jahr recherchiert und gelernt habe und ziehe mein persönliches Fazit aus dem diesjährigen Thema des Bildrausch: «Technology my Love». Es ist herausfordernd, die ganze Denkarbeit der letzten Monate in Worten zu formulieren und ich bin dankbar, dass meine Gedanken einem interessierten Publikum vermitteln darf.

Gemeinsam mit dem Bildrausch-Team machen wir möglichst intensive Zielgruppenarbeit um unsere Filme. Wir haben zum Beispiel eine Auswahl an Filmen, die Geschichten von Frauen erzählen, also schreiben wir z.B. feministische Gruppen an, um sie auf das Angebot aufmerksam zu machen.

Welche Filme kannst du am Bildrausch empfehlen?

Am Bildrausch kann man als Besucher:in je nach Interesse unterschiedlichen Spuren und Abenteuern folgen. Man kann in das Zusammenleben mit Robotern eintauchen oder über die Abgründe des Internets staunen.

Dann gibt es die Filme, die Geschichten über persönliche Entwicklungen zeigen, geprägt von Tradition und politischen Einflüssen, wie «City of Wind» oder «My Stolen Planet». Das Kurzfilmprogramm mit seinen acht Filmen aus der Schweiz gibt einen wunderbaren Einblick in den Schwerpunkt des Festivals für alle, die gerne tiefer in die Thematik eintauchen wollen.

Den ersten Film, den ich für das diesjährige Filmfest ausgewählt habe, ist «I`m not everything I want to be». Er wird mittels der Fotografien der tschechischen Dokumentarfilmfotografin Libuše Jarcovjáková erzählt. Da wusste ich sofort, der muss bei uns ins Programm.

Welche Person aus dem Kultursektor - lokal, national, global beeindruckt dich?

Generell kann ich sagen, dass mich die Zusammenarbeit mit Filmemacher:innen immer aufs Neue inspiriert. Mich beeindruckt die Schaffenskraft, die in diesen Personen steckt, wenn sie trotz Widrigkeiten eine Vision verfolgen, auch wenn es manchmal zehn Jahre dauert, bis ein Projekt fertig ist. Dieses Dranbleiben an der Umsetzung einer Idee, auch wenn es anspruchsvoll ist, finanziell immer herausfordernd, das fasziniert mich.

Lokal würde ich an dieser Stelle Franziska Schutzbach nennen. «Die Erschöpfung der Frauen» ist ein wichtiges Buch, das sich mit feministischen Fragen auseinandersetzt. Sie ist eine Visionärin.

National finde ich Émilie Bujès toll, die künstlerische Leiterin des «Vision de Reel» in Nyon. Sie ist Mutter von zwei Kindern und international sehr präsent. Auch bei ihr ist es die Kraft, die sie hat, um ihre Vision umzusetzen, die mich beeindruckt.

Wie verbringst du deine Freizeit?

Was ich brauche, ist ein Ausgleich zur Bildschirmarbeit. Ich bin sehr gerne Draussen, um zu spazieren, zu wandern, in den Bergen, in Wäldern. Ich bin auch mit dem Velo unterwegs. Die Bewegung, die ich brauche, kann aber auch durch Tanzen in meinem Zuhause sein, ein Rausschütteln von alldem, was ich so aufnehme.

Ich lese auch gerne und schaue mir Kunstausstellungen an. Was mich immer begleitet, ist die Schönheit in engem und weiten Sinne, in der Natur oder auch in einem Kunstwerk.

Gibt es in Basel einen besonderen Ort für dich?

Der «Parc des Carrières», das ist der grosse Park zwischen Allschwil, Basel, Hégenheim und Saint-Louis. Er ist nicht schön im herkömmlichen Sinn und nicht idyllisch, denn es gibt praktisch keine Bäume, aber er fasziniert mich. Er wirkt so reingesetzt, er ist ein Unort, eine Brache und trotzdem Natur.

Was mir dort gefällt, ist die sprachliche Durchmischung, der Park ist eine grüne Grenze, und alle paar Minuten startet oder landet mit lautem Getöse ein Flugzeug.

Das Gegenstück dazu ist die Deutsch-Schweizer Grenze in Riehen auf dem Hügel. Dort gehe ich gerne den Grenzsteinen entlang und schätze es sehr, dass unsere Grenzen durchlässig sind.

Nenne drei Worte, die für deine Arbeit typisch sind.

Wir arbeiten im Team, wir erschaffen das Festival gemeinsam. Festivalarbeit ist immer prozessorientiert, abwechslungsreich und es ist immer Forschungsarbeit. Und, um nun noch ein viertes, wichtiges Wort zu nennen: sinnstiftend.